Selbstverwaltung. 1. Begriff. 2. Geschichte der staatlichen und
kommunalen Selbstverwaltung in den Schutzgebieten. 3. Die Stadtgemeinden
in Deutsch-Ostafrika. 4. Die Selbstverwaltungsverbände in Deutsch-
Südwestafrika:
a) Die Gemeindeverbände. b) Die Bezirksverbände.
1. Begriff. S. im weiteren Sinne, in der Bedeutung des
englischrechtlichen
selfgovernment, ist die Mitwirkung von Bürgern (Laien, unbesoldeten
Ehrenbeamten) bei der Erledigung staatlicher Aufgaben der Gesetzgebung,
Verwaltung und Rechtspflege. S. im engeren Sinne ist die Besorgung öffentlicher
Verwaltungsangelegenheiten durch Bürger oder unter Mitwirkung solcher. Sie ist
staatliche, politische, obrigkeitliche S., wenn die Besorgung vom Staat
auftragsweise übertragen, kommunale, wirtschaftliche S., wenn sie dem Staat
untergeordneten Körperschaften zur eigenen Besorgung überlassen ist. Ihren
Gegensatz bildet die Staatsverwaltung, d.h. die Besorgung staatlicher
Verwaltungsgeschäfte durch geschulte staatliche Berufsbeamte.
2. Geschichte der staatlichen und kommunalen Selbstverwaltung in den
Schutzgebieten. Die Geschichte der kolonialen S. beginnt bereits mit dem
Erwerb der Schutzgebiete. In seiner Reichstagsrede vom 26. Juni 1884
äußerte
Fürst Bismarck die Absicht, den Schutzgebieten eine kaufmännische S. zu.
geben. "Meine von S. M. dem Kaiser gebilligte Absicht ist, den
Interessenten
der Kolonien zugleich das Regieren
derselben
im wesentlichen zu überlassen und ihnen nur die Möglichkeit europäischer
Gerichtsbarkeit für Europäer und
desjenigen Schutzes zu gewähren, den wir ohne ständige Besatzung dort
leisten können." (S. Schutzbriefe.)
Die kaufmännische S. erwies sich freilich bald als undurchführbar, da
die kolonisierenden Gesellschaften nicht über die erforderlichen
Geldmittel
verfügten. Das Reich mußte die Verwaltung übernehmen (s. Kolonialpolitik Bismarcks). - A.
Staatliche Selbstverwaltung. Von vornherein sicherte sich die Regierung
die Mitwirkung der weißen Bevölkerung bei der Rechtspflege der
Schutzgebietsgerichte
durch Hinzuziehung von Beisitzern und seit 1903 bei der Gesetzgebung und Verwaltung für die Schutzgebiete durch die Bildung von
Gouvernementsräten
(s.d.). Sie (RKV. vom 24. Dez. 1903 - KolBl. 1904, S. 1 -, für
Kiautschou
GouvV. vom 13. März 1899 und 14. März 1907) sind rein beratende,
regelmäßig
nicht öffentlich verhandelnde Körperschaften, in die der Gouverneur
amtliche
und außeramtliche Mitglieder beruft und denen die Haushaltsvoranschläge,
wichtigere Verordnungsentwürfe und sonstige Angelegenheiten nach seinem
Ermessen zur Beratung vorzulegen sind. Während sie in den anderen
afrikanischen
und Südseeschutzgebieten noch unverändert bestehen, ist in Deutsch -
Südwestafrika
seit 1909 an die Stelle des dortigen Gouvernementsrats der zum Teil aus
gewählten Vertretern der Bevölkerung mit einem nicht unwesentlichen
Beschlußfassungsrecht
ausgestattete und öffentlich verhandelnde Landesrat (s.d.) getreten (§§
105 ff. V. des RK. vom 28. Jan. 1909, KolBl. S. 141; V. des RK. vom 26.
Juni 1913, KolBl. S. 572). Auch in den Verwaltungsbezirken wurde die
Bevölkerung
vereinzelt zur Erfüllung staatlicher Aufgaben hinzugezogen. In Victoria
(Kamerun) bestand 1892 ein Gemeinderat zur Beratung
des Bezirksamtmannes. Einige Jahre lang berieten in Deutsch -
Südwestafrika
Vertreter der Berufsstände auf Grund der GouvV. vom 18. Dez. 1899
begutachtend
den Bezirksamtmann in einem Bezirksbeirat. Vgl. jetzt den Bezirksrat
beim
Erlaß öffentlichrecht licher Vorschriften, s.u. 4 b. Für Deutsch-
Ostafrika
sieht die RKV. vom 16. Sept. 1911 (KolBl. S. 683) bei jedem Bezirksamt,
in dessen Bezirk mindestens 30 männliche Reichsangehörige im Alter von
wenigstens 25 Jahren wohnen, die Bildung eines Bezirksrats (s.d.) vor,
der aus dem Bezirksamtmann, einem vom Gouverneur ernannten und drei von
den wahlberechtigten Bezirkseingesessenen auf zwei Jahre gewählten
Mitgliedern
besteht. In Bezirken mit geringerer Deutschenzahl kann der Gouverneur
einen kleineren Bezirksrat aus dem Bezirksamtmann und zwei wählbaren,
Eingesessenen ernennen. Der Bezirksrat berät den Bezirksamtmann bei der
Aufstellung der jährlichen Bedarfsnachweisungen und Wirtschaftspläne
über
den Selbstbewirtschaftungsfonds
des Bezirks, bei den Entwürfen der vom Bezirksamtmann zu erlassenden
oder
vorzuschlagenden, nicht bloß auf das Gebiet einer Stadtgemeinde
beschränkten
Verordnungen, sowie bei den vom Gouverneur besonders bezeichneten
Angelegenheiten.
Die gutachtliche Mitwirkung des städtischen, Rats bei
Polizeiverordnungen
s.u. 3, des Gemeinderats s.u. 4 a. B. Kommunale S. Eine kommunale S.
bildete
sich bisher, abgesehen von den Chinesen- Stadt- und Landgemeinden in
Kiautschou,
der Rehobother Bastardgemeinde in Deutsch - Südwestafrika und von
einigen
Ansätzen in der Eingeborenenbevölkerung
Samoas und Deutsch-Neuguineas (Inselgebiet), nur in Deutsch - Ostafrika
und Deutsch - Südwestafrika aus. - a) In den Küstenstädten Deutsch-
Ostafrikas
bestanden schon 1895 aus der Araberzeit herrührende Stadtkassen, aus
deren
Mitteln u.a. Markthallen und Schulen
errichtet
werden konnten. 1896 wurden diesen Kommunalkassen Anteile einer Farbigen
- Erbschaftssteuer, in der Folgezeit solche
der Hütten- und Gewerbesteuern
überwiesen. Die mit diesen Gemeinden gemachten guten Erfahrungen
veranlaßten
die KV., betreffend die Vereinigung von Wohnplätzen in den
Schutzgebieten
zu kommunalen Verbänden, vom 3. Juli 1899 (RGBl. S. 366), die
Rechtsgrundlage
der kolonialen S. in den Schutzgebieten. Sie ermächtigte den RK., in den
Schutzgebieten Wohnplätze zu kommunalen, rechtspersönlichen Verbänden
zu vereinigen und ihre Organisation, insbesondere den Erwerb und Verlust
der Zugehörigkeit, die Rechte und Pflichten der Mitglieder, die
Vertretung
und die Art der Rechnungslegung zu bestimmen. Durch V. des
RK. vom 29. März 1901 (KolBl. S. 217) wurden die Wohnplätze der deutsch
- ostafrikanischen Bezirke zu je einem
rechtspersönlichen, vom Bezirksamtmann
verwalteten und vom Gouverneur
beaufsichtigten
Kommunalverbande vereinigt. Ein 3 - 5köpfiger, vom Gouverneur auf zwei
Jahre ernannter Bezirksrat stand dem Bezirksamtmann, insbesondere bei
der Begutachtung des Bezirkswirftschaftsplans und der Prüfung der
Jahresrechnung
zur Seite. Grundsätzlich sollten die Eingeborenen durch mindestens ein
Mitglied vertreten sein. Die RKV. vom 29. Jan. 1904 (KolBl. S. 116)
bestimmte
jedoch, daß sie nur so weit, als sie der deutschen Sprache hinreichend
mächtig waren, berufen wurden und in Ermangelung Geeigneter
Nichteingeborene
als ihre Vor'treter bestellt werden konnten. Der Kreis der geldlichen
Obliegenheiten der Kommunalverbände war durch die RKV. vom
17. Sept. 1906 (KolBl. S. 669) umgrenzt. Mit dem 1. April 1909 wurden
die Kommunen, weil sie nicht die
Eingeborenen
für ihre Verwaltung zu interessieren vermocht und ihre
Steuerkraft übermäßig ausgenutzt hätten, bis auf Daressalam und Tanga, die auf ihre Ortsbezirke beschränkt wurden,
unter Übertragung ihrer Rechte und Pflichten auf den Landesfiskus
aufgehoben.
Bis zum Erlaß besonderer Gemeindeverfassungen sollten die Geschäfte für
Daressalam und Tanga unter Belassung der dortigen Bezirksräte (s.d.) weitergeführt werden (V.
des RK. vom 31. März 1909, KolBl. S. 425). Die neue Gemeindeverfassung
wurde. in der deutsch - ostafrikanischen Städteordnung des RK. vom 18. Juli 1910
(KolBl.
S. 679) bekannt gegeben, vom Gouverneur indes erst mit Wirkung vom 1.
April 1914 in Kraft gesetzt (GouvV. v. 29. Dez. 1913, 8. Jan. 1914 -
Amtl.
Anz. 1914 S. 1, 4 -). - b) In Deutsch -Südwestafrika bewährte sich die
Einrichtung der Bezirksbeiräte (s. o.) nicht. Nach der Beendigung des
Witboiaufstandes forderten die in den größeren Ortschaften bestehenden
Bürgervereine immer entschiedener die Gemeindeverwaltung. Als die
außeramtlichen
Mitglieder des Gouvernementsrats 1906 beantragten, in der nächsten
Tagung
eine Gemeindeordnung für Windhuk und Swakopmund
vorzulegen, entschloß sich die Regierung zu einer durchgreifenden
Regelung.
Sie berief einen Fachmann, den Oberbürgermeister Dr. Külz (s. d.) aus
Bückeburg in das Schutzgebiet, der in engster Fühlung mit der
Bevölkerung,
nach öffentlicher Erörterung der wichtigsten S.fragen am Orte der
späteren
Gemeinwesen den Entwurf einer V. des RK., betreffend die
Selbstverwaltung
von Deutsch -Südwestafrika, ausarbeitete, die unterm 28. Jan. 1909
(KolBl.
S. 141) erlassen und bisher durch die V. des RK. vom 14. Mai 1909, 16.
März 1910, 28. März 1912 und 27. Nov. 1913 (KolBl. 1909 S. 523, 1910 S.
261, 1912 S. 291, 1913 S. 1021) abgeändert wurde. Als S.körper
bezeichnet
sie die Gemeindeund. die Bezirksverbände.
3. Die Stadtgemeinden in Deutsch -
Ostafrika sind hinfort auf das Gebiet von Ortschaften beschränkt. - Die
Gemeindeangehörigkeit wird durch Wohnsitznahme im Gemeindebezirk begründet und
durch Wohnsitzaufgabe verloren. -Zu den Gemeindeaufgaben, deren Umfang der
Gouverneur bei den einzelnen Gemeinden nach Anhörung der Gemeindevertretung
unter Berücksichtigung der Gemeindeleistungsfähigkeit bestimmt, gehören:
Bau und Unterhaltung öffentlicher Wege, Plätze, Wasserläufe und Brücken;
Einrichtung und Unterhaltung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen,
Straßenbeleuchtung, Straßenreinigung und sonstige Einrichtungen zur
Aufrechterhaltung eines freien und ungefährdeten Verkehrs; Fäkalien- und
Müllabfuhr; Einrichtung und Unterhaltung von Markthallen und Schlachthäusern;
Einrichtung und Unterhaltung der Kommunalschulen mit Ausnahme der Besoldung des weißen Aufsichts- und
Lehrpersonals; Einrichtungen und Maßnahmen im Interesse, der öffentlichen Gesundheitspflege; Krankenfürsorge und
Armenpflege für Eingeborene, Armenpflege für
nichteingeborene Gemeindeangehörige; das Begräbniswesen einschließlich der
Anlage und Unterhaltung öffentlicher Begräbnisstätten; Einrichtungen und
Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrt im
Gemeindebezirk; Einrichtungen und Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der
wirtschaftlichen Interessen der Gemeinde und Gemeindeangehörigen.
Weitere örtliche Angelegenheiten kann der Gouverneur den Gemeinden nach Anhörung
des städtischen Rates überweisen. - Auf den ihnen überwiesenen Gebieten können
die Gemeinden Bestimmungen mit öffentlichrechtlicher Kraft (Ortssatzungen) mit
Ausnahme von Polizeivorschriften beschließen. Die Ortssatzungen werden vom
Bezirksamtmann erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des
Gouverneurs und der öffentlichen Bekanntmachung. Beim Erlaß von
Polizeiverordnungen, die für den Gemeindebezirk bestimmt sind und die dem
Gemeindebezirk überwiesenen Aufgaben berühren, wirkt der städtische Rat ebenso
wie bei der Erteilung von Gewerbescheinen für Schank-, Gast- und Speisewirte
gutachtlich mit (s. o. 2A). -An Gemeindeeinnahmenkommen Beiträge, Gebühren, Steuern, die Erträge der von den Gemeinden
eingerichteten oder übernommenen Unternehmungen und Anstalten, die Erlöse aus
Grundstücksveräußerungen und die vom Landesfiskus gewährten Zuschüsse in Betracht.
Zur Deckung der Herstellungs- und Unterhaltungskosten für Anlagen, Anstalten und
Einrichtungen, die das öffentliche Interesse erfordert, können die Gemeinden von
den Grundeigentümern und Gewerbetreibenden, denen hierdurch besondere
wirtschaftliche Vorteile erwachsen, danach zu bemessende Kostenbeiträge und von
den Benutzern der Anstalten unter Berücksichtigung etwaiger Mittellosigkeit
Gebühren erheben. Außerdem sind sie zur Erhebung direkter und indirekter Steuern
befugt; vgl. z. B. für Daressalam die Hundesteuerverordnung vom 24. Juli 1899,
die Rikschasteuerordnung vom 15. Aug. 1910, die V., betr. die Erhebung einer
Steuer auf mechanische Musikinstrumente, vom 15. Aug. 1910 (LG. 433 ff); direkte
Steuern können nach festen, gleichmäßigen Grundsätzen von den
Gemeindeangehörigen und von Personen und Gesellschaften erhoben werden, die in
dem Gemeindebezirk Grundeigentum besitzen
oder Gewerbe betreiben.
Auf die Gebühren- und Steuerordnungen finden die Vorschriften über Ortssatzungen
Anwendung. - Das Hauptorgan der Gemeinden ist der städtische Rat, der zur
Beratung und Beschlußfassung über alle Gemeindeangelegenheiten und zur
Überwachung der gesamten städtischen Verwaltung berufen ist.
Er besteht aus dem Vorsitzenden (d. h. dem Bezirksamtmann) und vier Mitgliedern.
Von diesen, die alle die Reichsangehörigkeit besitzen müssen,
wird ein Mitglied vom Gouverneur ernannt, das verpflichtet ist, auch die
Interessen der bei den Wahlen nicht beteiligten Ortseingesessenen, insbesondere
der Schutztruppenangehörigen und Eingeborenen wahrzunehmen, während drei in
geheimen und direkten Abteilungswahlen auf 2 Jahre gewählt werden.
Wahlberechtigt sind: 1. die mindestens 25jährigen, männlichen, deutschen
Gemeindeangehörigen, die wenigstens ein Jahr ihren Wohnsitz in der Gemeinde haben; 2. die in der
Gemeinde sitzenden deutsch - rechtlichen Erwerbsgesellschaften, die durch
einen Bevollmächtigten wählen, der selbst die Voraussetzungen zu 1 erfüllen muß.
Von der Wahlberechtigung ausgeschlossen sind 1. die Gemeindeangehörigen, die
nicht die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen, die entmündigt sind oder sich im
Konkurse oder in Straf- oder Untersuchungshaft befinden, die mit den
Gemeindeleistungen seit mehr als drei Monaten im Rückstand sind oder
Armenunterstützung erhalten, 2. die Erwerbsgesellschaften, die sich im Konkurse
oder in Liquidation befinden. Wählbar sind alle wahlberechtigten
Gemeindeangehörigen über 30 Jahre mit Ausnahme des Bezirksamtmanns, der
besoldeten Gemeindeangestellten und polizeilichen Vollstreckungsbeamten.
Grundsätzlich besteht ein Wahlannahmezwang. Das Amt der Mitglieder ist
ehrenamtlich. Sie werden vom Vorsitzenden zu gewissenhafter Wahrnehmung ihrer
Obliegenheiten und der Gemeindeinteressen verpflichtet.
Die Sitzungen sind öffentlich, die Öffentlichkeit kann aber durch
Mehrheitsbeschluß ausgeschlossen werden. Die Beschlußfassung erfordert
regelmäßig einfache Stimmenmehrheit, für Ortssatzungen jedoch
Zweidrittelmehrheit. Aus dem Protokolle muß die Abstimmung jedes Mitglieds
ersichtlich sein. Der Vorsitzende leitet die städtische Verwaltung und vertritt
die Gemeinde nach außen.
Urkunden über Gemeindeverpflichtungen und Vollmachten bedürfen indes noch der
Mitzeichnung eines gewählten Mitgliedes.
Er stellt die Gemeindebeamten an und ist ihr Vorgesetzter. Er beruft den
städtischen Rat zur Beratung und Beschlußlassung. Er hat das Recht und die
Pflicht, die Beschlüsse des städtischen Rats vorzubereiten und auszuführen sowie
gesetzwidrige oder den Gemeindeinteressen zuwiderlaufende Beschlüsse zur
Einholung der Entscheidung der Aufsichtsbebörde zu beanstanden und ihre
Ausführung vorläufig auszusetzen. - Die allgemeine Dienstaufsicht über die
Gemeinden führt der Gouverneur. Er entscheidet über Beanstandungen der
Beschlüsse des städtischen Rats und über alle gegen Maßnahmen der Gemeinden
gerichteten Beschwerden. Ihm sind die jährlichen Rechnungsabschlüsse nach
endgültiger Feststellung und Prüfung vorzulegen.
Seine Genehmigung ist erforderlich: zu Ortssatzungen, zu Gebühren- und
Steuerordnungen; zu Wirtschaftsplänen und allen über- und außeretatsmäßigen
Ausgaben; zur Festsetzung, Änderung und Aufhebung
von Gebühren, Beiträgen und anderen Abgaben; zur
Aufnahme von Darlehen und Anleihen sowie zur Übernahme von Garantien; zur
Veräußerung und dinglichen Belastung von Grundstücken; zur Anstellung von
Beamten.
Unterläßt der städtische Rat die ihm gesetzlich obliegenden oder im
Gemeindeinteresse nötigen Verrichtungen, insbesondere die Beschaffung der
erforderlichen Mittel, so ist der Gouverneur befugt, ihn dazu anzuhalten. Beim
Ausbleiben des Erfolgs kann er das Erforderliche auf Kosten der Gemeinde
ausführen und die dazu nötigen Mittel rechtsverbindlich festsetzen und einziehen
lassen (Zwangsetatisierung).
4. Die Selbstverwaltungsverbände in Deutsch -Südwestafrika. a) Die
Gemeindeverbände.
Die Grundlage der S. in Deutsch-Südwestafrika ist die örtliche S., der
Gemeindeverband.
Er entsteht als eine rechtsf ähige Körperschaft des öffentlichen Rechts
durch eine V. des RK., die Wohnplätze zu einem kommunalen Verbande
vereinigt
und seinen Namen bekannt gibt (V. des RK. vom 5. u. 25. Febr. 1909,
KolBl.
S. 153, 243). Wirtschaftlich und rechtlich ist er entsprechend dem
Wirtschaftsleben
der südwestafrikanischen Siedlungen weder eine Stadtnoch eine
Landgemeinde.
- Der Gemeindebezirk umfaßt alle Wohnplätze eines Ortes einschließlich
der dazu gehörigen Grundstücke. Seine Grenzen hat der Gouverneur näher
zu bestimmen (§ 3 GouvV. vom 15. Mai 1909, § 5 GouvV. vom 16. Aug. 1909
und vorn 23. Juni 1910, KolBl. 1909 S. 715, 950; 1910 S. 717). -
Gemeindeangehörige
sind mit Ausnahme des Gouverneurs alle Personen, die in der Gemeinde
ihren
Wohnsitz haben, auch Eingeborene und Ausländer. Aber regelmäßig nur
deutschen
Gemeindeangehörigen steht das Recht der Teilnahme an der
Gemeindeverwaltung,
und zwar nicht in einer Gemeindeversammlung, sondern hauptsächlich durch
Beteiligung an den Gemeindewahlen, zu. Die Entwürfe von Ortsgesetzen
sind
der Kenntnisnahme der Gemeindeangehörigen zugänglich zu machen.
Innerhalb
bestimmter Frist steht es ihnen frei, Einwendungen zu erheben, über die
der Gemeinderat entscheidet. Sie haben ferner einen
öffentlichrechtlichen
Anspruch gegenüber der Gemeindevertretung auf Schutz und Wahrnehmung der
Gemeindeinteressen, können sich deshalb an die Gemeindevertretung wenden
und sich über ihre Entscheidung bei der Aufsichtsbehörde beschweren.
Eingeborene
vertritt hierbei der Eingeborenenkommissar. Endlich sind die
Gemeindeangehörigen
zur Mitbenutzung der öffentlichen Gemeindeeinrichtungen und -anstalten
und, unter Umständen gegen eine angemessene Gebühr, zur Teilnahme an den
Gemeindenutzungen, die sich nach Ortsgesetz oder Gepflogenheit regelt,
berechtigt. Verpflichtet sind sie zu Dienstleistungen und Abgaben an die
Gemeinden. Weiße Gemeindeangehörige sollen, abgesehen von den
Gemeindeämtern,
jedoch nur in Notfällen ortsgesetzlich zu persönlichen Dienstleistungen
herangezogen werden. - Als Gemeindeaufgaben sind außer den Gegenständen,
die zum Verwaltungsbereich der deutsch - ostafrikanischen Stadtgemeinden
gehören (s. o. Nr. 3), den Gemeinden das Feuerlöschwesen, die Abwendung der Seuchen von Mensch und Tier, die Fürsorge für weiße
Kranke und die Ortspolizeiverwaltung überwiesen, soweit diese vom
Gouverneur
übertragen wird. Weitere örtliche Angelegenheiten können vom Gouverneur
nach Anhörung des Gemeinderats überwiesen werden. Auch bestimmt er, mit
Zustimmung des RK., inwieweit und unter welchen Bedingungen staatliche
Verwaltungsmaßnahmen, Einrichtungen und Anlagen, die schon auf den
überwiesenen
Gebie ten vorhanden sind, in das Eigentum
der Gemeinde übergehen. Das ist bei gewinnbringenden, Gemeindezwecken
dienenden Anlagen (Wasserversorgungs-, Licht- und Verkehrsanlagen,
Müllabfuhreinrichtungen
usw.) gegen Ersatz des gemeinen Wortes oder entsprechende Leistungen,
bei nicht gewinnbringenden Anlagen (Straßen, Plätzen, Gärten, Brücken,
Feuerlöscheinrichtungen, Schulgebäuden, Krankenhäusern, Friedhöfen usw.)
gegen dauernde Unterhaltung zum Gemeingebrauch und bei. Regierungsland (Weideland, Bauland innerhalb
des Bebauungsplans) gegen Zahlung eines angemessenen Kaufpreises,
Beteiligung
am reinen Wertzuwachse (1/4) und Rückgabe unter gewissen Bedingungen
geschehen.
In ihrem Geschäftsbereiche kann die Gemeinde, wo es ausdrücklich
angeordnet
ist, Bestimmungen mit öffentlichrechtlicher Kraft (Ortsgesetze, Ortsstatute), im übrigen allgemeine Anordnungen
(Gemeindeverordnungen) erlassen. Beide werden vom Gemeinderat
beschlossen
und vom Gemeindevorsteher veröffentlicht, erstere bedürfen noch zu ihrer
Gültigkeit. der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Beim Erlaß von
örtlichen
Polizeiverordnungen der staatlichen Polizeibehörde, sowie bei Erteilung,
Versagung und Entziehung von Schanklizenzen steht dem Gemeinderat die
gleiche gutachtliche Mitwirkung zu, wie dem städtischen Rat in Deutsch-
Ostafrika
(s.o.). - Das Gemeindevermögen setzt sich im wesentlichen aus den
erwähnten
Anlagen, Gebäuden und Einrichtungen (Verwaltungsvermögen) und aus
unbebauten
Grundstücken, Acker- und Weideland (Finanzvermögen) zusammen. An
Gemeindeeinnahmen
kommen die Erträge des Gemeindevermögens, vom Landesw Fiskus überwiesene Mittel (Beihilfen), Darlehen und
Anleihen, Nutzungsgebühren und Steuern
in Betracht (z.B. Grund-, Lustbarkeits-, Schlacht-, Schankerlaubnis-,
Handelsreisenden-, Diamanten- und Eingeborenenkopfsteuern). Während die
staatliche Hundesteuer den Gemeinden
überwiesen ist und von den Gemeindevorstehern erhoben wird (GouvV. vom
21. März 1911, Beiblatt zum Amtsbl. 1910), ist die Einkommensteuer dem
Schutzgebiet vorbehalten worden. Die Grundsätze über die Art und Höhe
der Abgaben und über die Form und Frist ihrer Erhebung sollen
ortsgesetzlich
festgelegt werden. 1910 ist dem Landesrat
auf eine Reichstagsentschließung hin der Entwurf einer
Kommunalabgabenverordnung
vorgelegt, von ihm aber abgelehnt worden, weil er den Gemeinden die
Einkommensteuer
verbieten wollte. Über den Kreis der Gemeindeangehörigen hinaus
erstreckt
sich die Abgabenpflicht auf Personen, die sich ohne Wohnsitz länger als
drei Monate im Gemeindebezirk aufhalten, und auf die Personen und
Rechtspersonen,
die innerhalb des Gemeindebezirks a) Grundeigentum, Bergwerkseigentum
oder ein Bergsonderrecht haben, b) abgesehen von den Fällen zu a)
Handel,
Gewerbe oder Bergbau betreiben, c) ein Bergwerkseigentum oder Bergsonderrecht
gegen regelmäßig wiederkehrende Einkünfte verwertet haben, hinsichtlich
der Abgaben, die vom Grundeigentum oder vom Handels- oder
Gewerbebetriebe
sowie vom Einkommen aus den Erwerbsquellen zu a) und b) und von den
Einkünften
zu c) erhoben werden (V. des RK. vom 27. Nov. 1913, KolBl. S. 1021). -
Der
Gemeindehaushalt weist trotz der kurzen bisherigen Geltungsdauer
steigende,
bei Lüderitzbucht und Windhuk
erlieblichere Beträge auf. Lüderitzbucht vermochte Bauten, wie
Stadtgeleise,
Wasserwerk, Rathaus, Krankenhaus und Schulgebäude, Windhuk die Festigung
und Beleuchtung der Hauptstraßen, den Ausbau der Wasseranlagen
und Arbeiten zur Gesundung der Stadt auszuführen. Swakopmund baute eine
städtische Realschule. Organe der Gemeinde sind der Gemeinderat, der
Gemeindevorsteher
und Gemeindebeamte. - Der Gemeinderat setzt sich aus dem
Gemeindevorsteher
(Bürgermeister) und mindestens vier auf 4
Jahre gewählten Gemeinderatsmitgliedern (Stadträten), deren Zahl aber
in. den größten Gemeinden 8 beträgt, mit ebenso vielen Ersatzleuten
zusammen.
Wahlberechtigt sind alle über 25 Jahre alten, männlichen, nicht der
Schutztruppe
als aktive Personen des Soldatenstandes angehörigen deutschen
Gemeindeangehörigen,
die wirtschaftlich selbständig sind und zwei Jahre im Gemeindebezirk
wohnen.
Nichtdeutschen Gemeindeangehörigen kann das Wahlrecht in Anerkennung
besonderer
Verdienste oder besonderer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vom
Gemeinderat
verliehen werden. Ausgeschlossen vom Wahlrecht sind dieselben Personen
wie beim städtischen Rat in Deutsch-Ostafrika (s.o.), aber auch
Gemeindeangehörige,
die mit einer Eingeborenen verheiratet sind oder im Konkubinat
leben. Jedoch kann der Gouverneur solchen Gemeindeangehörigen, die sich
mit einer Eingeborenen vorm 1. Jan. 1893 in den Formen der kirchlichen
Trauung oder vorm 1. Okt. 1905 in den Formen der Eheschließung des bürgerlichen Rechts
verheiratet
haben, das Wahlrecht verleihen, sofern ihre und ihrer Familie
Lebensführung
eine besondere Anerkennung des Zusammenlebens vom sittlichen Standpunkt
zuläßt und ihre Würdigkeit, mit öffentlichen Rechten betraut zu werden,
verbürgt (Art. II der RKV. vom 28. März 1912). Wählbar sind alle
wahlberechtigten
Gemeindeangehörigen, außer den Aufsichts-, besoldeten Gemeinde- und
Polizeibeamten.
Grundsätzlich besteht ein Wahlannahmezwang. Ablehnen dürfen
Berufsbeamte,
Geistliche, Missionare, über 60jährige und ernstlich
behinderte
Gemeindeangehörige. Unbegründete Ablehnung berechtigt den Gemeinderat
zur Verdoppelung der Steuerpflicht für die Dauer der Ablehnung.
Wahlsystem
und Wahlverfahren werden ortsgesetzlich geregelt. In Ermangelung solcher
Ortssatzung wird die eine Hälfte der Gemeinderatsmitglieder in
allgemeiner
und unmittelbarer Wahl, die andere Hälfte dagegen von den
wahlberechtigten
Angehörigen der hauptsächlichsten Berufsstände aus ihrer Mitte gewählt.
Über Ehrenamt, Verpflichtung der Mitglieder, Öffentlichkeit der
Sitzungen
ist ähnliches wie in Deutsch - Ostafrika bestimmt. Eine Beschlußfassung
erfordert regelmäßig nur einfache Stimmenmehrheit, indes die Anwesenheit
mehr als der Hälfte der Mitglieder. Eine geringere Anzahl genügt nach
erfolgloser erstmaliger Berufung für die Beratung auf Grund wiederholter
Einberufung. Der Gemeinderat hat über alle Gemeindeangelegenheiten zu
beschließen, soweit sie nicht ausschließlich dem Gemeindevorsteher
überwiesen
sind. Er verwaltet u. a. das Gemeindeeigentum und die Gemeindeanstalten,
stellt den jährlichen Gemeindehaushaltsplan und dabei die
Gemeindeleistungen
fest, prüft und entlastet Gemeinderechnungen, wählt den
Gemeindevorsteher,
stellt die Gemeindebeamten an und beaufsichtigt beide. Seiner
Beschlußfassung
bedarf weiter der Erlaß ortsgesetzlicher Bestimmungen, die Erwerbung,
Veräußerung und Belastung von Gemeindegrundstücken oder -
gerechtigkeiten,
die Eingehung von Gemeindeschulden, der Verzicht auf Forderungen und
Einkünfte,
die Einleitung von Prozessen. Endlich wirkt er als Organ der staatlichen
S. nicht nur beim Erlaß von Polizeiverordnungen (s.o.) mit, sondern kann
auch im Interesse der Gemeinde Vorschläge an die zuständige
Verwaltungsbehörde
machen. Zur Erledigung bestimmter Angelegenheiten oder zu seiner
Unterstützung
kann er ständige oder vorübergehend tätige Ausschüsse bestellen. - Der
Gemeindevorsteher (Bürgermeister) und ein oder mehrere Stellvertreter
werden von den Gemeinderatsmitgliedern mit einfacher Stimmenmehrheit,
unter Umständen noch durch engere Wahl gewählt, der Gemeindevorsteher
auf 3 Jahre. Bei der Wiederwahl kann ein berufsmäßiger Gemeindevorsteher
auf Lebenszeit gewählt werden. Der Gemeindevorsteher und seine
Stellvertreter
bedürfen der Bestätigung der Aufsichtsbehörde, auch werden sie von ihr
in der für die Kolonialbeamten vorgeschriebenen. Form beeidigt. Ein
besoldeter
Gemeindevorsteher erhält eine Bestallungsurkunde, die von der
Aufsichtsbehörde
auszustellen und den Gemeinderatsmitgliedern mit zu vollziehen ist. Der
Gouverneur kann die Stelle in gewissen Fällen besetzen oder
kommissarisch
verwalten lassen, insbesondere, wenn der Gemeinderat die Wahl verweigert
oder über ein halbes Jahr hinaus verzögert oder nach der
Nichtbestätigung
eine Person wählt, die wiederum nicht bestätigt wird. Der
Gemeindevorsteher
ist die Obrigkeit der Gemeinde, er hat auf die Befolgung der Gesetze,
Verordnungen und Verfügungen zu
achten
und sie auszuführen. Er vertritt den Gemeinderat und die Gemeinde. Er
ist der erste Gemeindebeamte, leitet und beaufsichtigt die gesamte
Gemeindeverwaltung
und führt den Vorsitz im Gemeinderat, in dem er bei Stimmengleichheit
den Ausschlag gibt. Im einzelnen sind seine Obliegenheiten die gleichen,
wie die des Vorsitzenden des städtischen Rats in Deutsch -Ostafrika.
Ausdrücklich
ist noch bestimmt, daß er die in rechtmäßiger Ausübung der
obrigkeitlichen
Gewalt getroffenen Anordnungen sowie die Erfüllung der
Gemeindeleistungen
und Gemeindedienste durch Zwangsmittel im Verwaltungszwangsverfahren
(s.d.)
durchsetzen kann. Gemeindebeamte sind der Gemeindevorsteher, sein
Stellvertreter
und die vom Gemeinderat im Gemeindedienst mit einer Bestallungsurkunde
angestellten Beamten, insbesondere der mit der Führung des Kassen-,
Rechnungs-
und Bureauwesens betraute Beamte. Daneben können Gemeindeangestellte auf
Grund eines privatrechtlichen Dienstvertrages angenommen werden. Die
Gemeindebeamten
sind vom Gemeindevorsteher auf die Dienstanweisung eidlich zu
verpflichten.
Sie sind disziplinarrechtlich den Kolonialbeamten gleichgestellt (§ 67
SVO., § 57 KolBG. - RGBl. 1910 S. 881). Die Dienstaufsicht führt der
Gouverneur
oder der von ihm beauftragte Bezirksamtmann. Die Befugnisse der
Aufsichtsbehörde
sind grundsätzlich denen in Deutsch-Ostafrika gleich. Außerdem kann sie
den Gemeinderatssitzungen beiwohnen und auf Antrag des Gemeinderats nach
Genehmigung des Gouverneurs in besonderen Fällen von der Einhaltung
einzelner
Vorschriften der SVO. vorübergehend befreien. b) Die Bezirksverbände.
Als weitere S.körperschaft baut sich auf den Gemeindeverbänden der
Bezirksverband
mit einem beschränkteren Arbeitsfelde auf. Sein Verwaltungsbereich
umfaßt
den Amtsbezirk eines staatlichen Bezirks- (oder selbständigen Distrikts-
)
amts. - Angehörige sind die Gemeindeverbände und die außerhalb dieser
wohnenden Personen, innerhalb des Bezirks. Sie sind zur Wahl der
Bezirksratsmitglieder
berechtigt und zu Bezirksabgaben verpflichtet. Bezirksaufgaben sind Bau
und Unterhaltung öffentlicher Wege, Plätze, Wasserläufe und Brücken,
Einrichtung
und Unterhaltung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen, Gesundheits-,
Seuchen-, Armenwesen,
Wohlfahrtseinrichtungen,
Schutz und Förderung der wirtschaftlichen Interessen, soweit diese
Aufgaben
nicht den Gemeinden obliegen. Weitere Angelegenheiten kann der
Gouverneur
nach Anhörung des Bezirksrats überweisen. Bezirkseinnahmen sind neben
den vom Gouverneur überwiesenen Mitteln Abgaben, zu denen die
Bezirksangehörigen
und dieselben Personen und Gesellschaften, wie bei den Gemeinden,
herangezogen
werden können. Auch der Bezirkshaushalt verfügt vereinzelt schon über
erhebliche Beträge. Grootfontein
errichtete ein geräumiges Schulpensionat, Okahandja
ein Bezirkskrankenhaus, Lüderitzbucht ein solches auf der Haifischinsel. Organe sind der
Bezirksamtmann,
der Bezirksrat und die Bezirksbeamten. Der Bezirksamtmann leitet und
vertritt
den Bezirk. Er ist Vorsitzender des Bezirksrats, dessen Mitglieder ihm
bei Lösung seiner Aufgaben helfen, Übelstände mitteilen und zur Abhilfe
Vorschläge unterbreiten sollen.Der Bezirksrat besteht aus dem
Bezirksamtmann
und mindestens 4 Mitgliedern. In Windhuk, Lüderitzbucht 8, in Swakopmund, Karibib, Keetmannshoop, Omaruru 6 (GouvV. vom 10.
Nov. 1909, 20. Okt. 1911, 11. Sept. 1913 - KolBl. 1910 S. 45; 1912 S.
42; 1913 S. 975). Die Mitglieder werden zur Hälfte von den
Gemeinderäten,
zur Hälfte von den Bezirksangehörigen außerhalb der Gemeindeverbände
gewählt.
Über das Wahlrecht, die Wählbarkeit, Wahlperiode, Wahlhandlung und das
Wahlverfahren gelten entsprechende Vorschriften wie bei den Gemeinden.
Der Bezirksrat ist zur Beratung bei allgemeinen, grundlegenden
Bezirksmaßnahmen
und Aufstellung des Bezirkshaushaftplans, zur Beschlußfassung bei
Gewährung
von Geldmitteln, bei Bezirksleistungen, bei den Landesratswahlen, bei
Festsetzung des Haushaltsplans und Entlastung der Jahresrechnung
hinzuzuziehen.
Beratend wirkt er bei öffentlichrechtlichen Vorschriften mit, die der
Bezirksamtmann für den Bezirk erläßt (s. o. 2A); über
Meinungsverschiedenheiten
zwischen ihm und den übrigen Mitgliedern entscheidet im letzteren Falle
der Gouverneur. Die Aufsicht über die Bezirksverbände führt der
Gouverneur.
Literatur: Hübler, Die Organisation der Verwaltung in Preußen und im
Deutschen Reiche. Berl. 1894, S. 4 ff. -Köbner, Einführung in die
Kolonialpolitik. Jena 1908, S. 144 ff. Külz, Die
Selbstverwaltung für Deutsch -Südwestafrika. Berl. 1909. - Schultze, Anregungen
zur Selbstverwaltungsfrage in den deutschen Kolonien. Berl. 1910. - Radlauer,
Finanzielle Selbstverwaltung und Kommunalverwaltung der Schutzgebiete. Bresl.
1910, S. 73 ff, 115 ff. - Perels, Grundzüge des deutsch - ostafrikanischen
Städterechts, D. Kol. - Zeitung 1910, S. 611 ff. - v. Bitters Handwörterbuch der
Preußischen Verwaltung. Leipz. 1911, "Selbstverwaltung", "Schutzgebiete". v. Stengel, Zur Reform der Kolonialgesetzgebung in Z.
f. Kol. - Recht. 1911, S. 232, 264 ff. E. v. Hoffmann, Einführung in das
deutsche Kolonialrecht. 1911, S. 63 ff. -
Rohrbach, Dernburg und die Südwestafrikaner.
Berl. 1911, S. 284 ff, 294 ff. - Rheinen, Die Selbstverwaltung der Gemeinden in
Deutsch - Südwestafrika. Berl. 1912. -Kötz, Selbstverwaltungsfragen, in Deutsch
- Südwestafrika, in Kol. Zeitschr. 1913, S. 97 ff.
R. Fischer.
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