Schafzucht (s. Tafel 87, 168, 178). S. hat für
die afrikanischen
Kolonien wichtige Bedeutung, insbesondere auch, soweit es sich um die
Entwicklung
einer Wollschafzucht handelt. Außer Deutsch-Südwestafrika werden auch
die Hochländer von. Deutsch-Ostafrika, Kamerun und Togo hierfür in Frage
kommen können. Die Begründung und Förderung der Wollschafzucht aber sich
besonders angelegen sein zu lassen, ist notwendig, weil das Produkt des
Wollschafes, die Wolle, wegen ihrer Haltbarkeit und ihres hohen Wertes
den Transport noch auf weite Entfernungen lohnt. Den Eingeborenen der
afrikanischen
Kolonien liefern die Schafe neben der Ziege die Hauptfleischnahrung, auch
wird das Fell zu Kleidungsstücken u.a.m. verarbeitet oder auch in den
Handel
gebracht. Deutsch - Südwestafrika (s. Tafel 178), das für Viehzucht am meisten geeignete unserer Schutzgebiete, bietet auch für Schafzucht
last
überall günstige Bedingungen. Ein für Wollschafzucht besonders geeignetes
Gebiet sind die Steppen des Groß - Namalandes, die mit ihren. brackigen
Büschen und süßen kleinen Gräsern ein den Schafen zusagendes Futter bieten. Auch das östlich von Windhuk in der
Richtung nach Gobabis gelegene Gebiet und
weite Flächen am Omuramba u. Omatako bieten voraussichtlich der Schafzucht
günstige
Verhältnisse, da auch dort wie im Süden die einer rationellen
Wollschafzucht
hinderlichen Hackiesdornbüsche ("Wart ein bißchen" oder "Wacht een beetge"
genannt) fehlen. Von den Eingeborenen wurden vor der Besitzergreifung Fettschwanzschafe,
das Damaraschaf und das Namaschaf gezüchtet, von denen das letztere das
leistungsfähigere ist. Das Gewicht der Fettschwänze beträgt enthäutet ca.
5 kg doch sind auch solche bis zu 12 1/2 kg beobachtet. Versuche, die
Mastfähigkeit
der Fettschwanzschafe d urch Aufkreuzung mit eingeführten englischen
Fleischschafrassen
zu steigern, wurden von verschiedenen Seiten angestellt, mit dem Erfolg,
daß der Körper der Kreuzungsprodukte an Masse zunahm, während der
Fettschwanz
verschwand. Diesem Vorteil standen indes Nachteile gegenüber, die darin
bestanden, daß die hinsichtlich des Futters anspruchsvolleren
Kreuzungsprodukte
Zeiten der Dürre schlecht überstanden und sich auf spärlichen Weiden,
auf denen die einheimischen Fettschwanzschafe gediehen, nicht mehr halten
konnten. Günstigere Erfahrungen sind mit den aus der Kapkolonie
importierten
Perserschafen (s.d.) und ihrer Kreuzung mit einheimischen
Fettschwanzschafen
gemacht. Die Woll - S. wurde 1891 von Hermann auf Kubub
begonnen, und späterhin von mehreren Farmern und der Südwestafrikanischen
Schäfereigesellschaft mit gutem Erfolg betrieben, hinder ich waren der
Entwicklung
die verschiedenen Aufstände. Im Jahre 1911 wurde in Berlin ein
Wollschafzuchtsyndikat
begründet zu dem Zwecke, die Wollschafzucht im Großen zu betreiben. Die
Grundlage für die Wollschafzucht haben in erster Linie Kapmerinos und dann
Merinos deutscher Herkunft abgegeben. Das Gouvernement hat bei den letzten
Transporten Mutterschafe aus der Kapkolonie an Farmer zum Preise von 20 bis 23 M das Stück
abgegeben.
Seit 1907 wurde die Karakul - S. (s. Karakulschaf) eingeführt. Das Gouvernement
unterstützte
diese Bestrebungen durch Anlegung einer Stammschäferei in Fürstenwalde (s.d.), deren Stamm direkt aus
der Buchara bezogene Karakuls (s.d.) und
zwar 22 Ramme und 249 Mutterschafe waren, die mit 14 auf dem Transport
geborenen
Lämmern in Deutsch -Südwestafrika ankamen. Die Stammschäferei bezweckt
durch
sorgfältige Zuchtwahl Tiere von besserer Beschaffenheit, Ausgeglichenheit
in den Körperformen und besserer Fellqualität heranzuzüchten und den
Farmern
mit solchen Tieren die Grundlage für eine Karakulschäferei zu geben oder,
ihnen Bockmaterial zur Aufkreuzung zu liefern. Die Nutzung der Karakuls
besteht in der Gewinnung der Lammfellchen, der sog. Persianer. Durch die Karakuls wurden
wahrscheinlich
die Pocken nach Deutsch-Südwestafrika
eingeschleppt,
die unter den Schafbeständen empfindliche Verluste verursachten. Zur
Förderung
der Schafzucht hat das Gouvernement Sachverständige angestellt. Der
Schafbestand
betrug am 1. April 1913 in Deutsch - Südwestafrika 554 641 Stück, davon
waren 53 691 Wollschafe, 489 756
Fleischschafe
und 11 194 Karakulschafe. Am verbreitetsten ist die S. in den Bezirken Keetmanshoop,
Gibeon, Rehoboth,
Maltahöhe, Windhuk, Karibib.
- In Deutsch-Ostafrika tritt die S. gegenüber der Ziegenzucht
zurück, da die Ziege sich den primitiven Verhältnissen der Negerkultur
besser
anpaßt als das Schaf. Am meisten werden Schafe am Kilimandscharo,
in den Bezirken Kilimatinde, Tabora, Saadani, Kilossa, Songea, Bukoba, Udjidji und
Ukonongo gehalten. Die in Deutsch -
Ostafrika
einheimischen Schafe sind überwiegend
Fettschwanzschafe,
ziemlich klein, mit schmalem Hals und ganz ziegenartigem Kopf. Die Hörner
fehlen meist in beiden Geschlechtern. Die Farbe ist schmutzigbraun, oft
auch gescheckt. Der Fettschwanz ist mehr oder weniger stark entwickelt.
In den Steppengebieten der Massai (s.d.) wird ein glatthaariges
Stummelschwanzschaf,
das sog. Massaioder Somalischaf (s.d.) gezüchtet. Da in Britisch -
Ostafrika
besonders auf den Hochländern des Massaigebietes mit der Zucht von aus
Neuseeland
eingeführten Wollschafen gute Resultate erzielt wurden, sind auch in
Deutsch-Ostafrika
einige Versuche mit aus Deutschland und aus Transvaal importierten
Wollschafen
in Kwai und anderen Farmen
gemacht. Diese Versuche sind indes fehlgeschlagen, in erster Linie infolge
des Mangels von Sachkunde und, Erfahrung der Züchter. Neuerdings sind am
Kilimandscharo und Meru wiederum Versuche eingeleitet, deren Ergebnisse
abzuwarten sein werden. Als für Wollschafzucht besonders geeignet wird das
Gebiet am Meruberg, Kilimandscharo und Ndassekera gehalten. In Kamerun ist das Schaf, mit Ausnahme des Waldlandes,
überall verbreitet. Am leistungsfähigsten sind die von den Fulbe (s.d.) gezüchteten Mähnenschafe. Das Fleisch
ist bei den Eingeborenen beliebt. Die Felle
werden zu Teppichen und Schlafunterlagen benutzt oder auch zur Herstellung
von Schuhwerk verarbeitet. Versuche mit der Zucht von Heidschnucken auf
der Sennerei Buea schlugen wegen der großen
Feuchtigkeit der Luft und zeitweise heftig und
andauernd auftretender Regenmengen fehl. Auch in Togo werden von den Eingeborenen verschiedene
Schafrassen
gehalten, die vor allem der Fleischproduktion dienen. Von der Firma J. K.
Vietor wurden schon 1891 aus Marokko und Deutschland Wollschafböcke zur
Aufkreuzung der einheimischen Schafe eingeführt, ohne daß dauernde Erfolge
zu verzeichnen sind. Nach den Schutzgebieten der Südsee wurden vom Gouvernement sowohl als auch von
privater Seite Wollschafe und glatthaarige Fleischschafe aus Australien
und Asien eingeführt. Wollschafe haben sich nirgends halten können,
während
die Fleischschafe, besonders aus Java, sich gut akklimatisieren, und
günstig
vermehren.