Pest. Die P. ist keine eigentliche Tropenkrankheit, sondern kann auch
in den kältesten Zonen vorkommen. Sie ist seit langem als menschliche
Seuche bekannt, zuerst im 2. Jahrh. nach Christus in Ägypten erwähnt.
Die jetzige große Ausbreitung datiert erst seit einer Epidemie
in Hongkong 1893 und in Bombay 1895/96. Man nimmt 4 alte endemische
P.herde,
von denen die einzelnen Epidemien ausgingen, an: 1. Provinz Yünnan in
China, 2. im Himalayagebiet, 3. in Arabien, 4. in Uganda.
Der Erreger der P. ist ein Bakterium, Bacillus pestis, das 1893/94 von
Kitasato und Yersin ungefähr gleichzeitig entdeckt wurde. Er ist nahe
verwandt mit anderen Bazillen, die als Erreger von Tierseuchen bekannt sind (Geflügelcholera, Schweineseuche usw.) (s.
farbige Tafel Erreger
der Tropenkrankheiten II, Abb. 10). Er ist nicht
sehr widerstandsfähig gegen chemische und physikalische Schädigungen.
Klinisch unterscheidet man 2 Formen der P., die je nach der Art der Einwanderung
der Bazillen in den Körper zustande kommen. - 1. Die Lungenpest,
P.pneumonie. Sind die Atmungswege die Eintrittspforte, so verursacht der
P.bazillus eine Lungenentzündung, die sich durch die Schwere der
Symptome
(Fieber, Bewußtseinsstörung, blutiger Auswarf) bald
von der gewöhnlichen Lungenentzündung unterscheidet und oft schon am
ersten
oder zweiten Tage tödlich endet. Diese Form die auch im Mittelalter den
"schwarzen Tod" darstellte - ist äußerst ansteckend wegen der
Zerstäubung
der Bazillen in der Luft mit dem Auswurf. Dies erklärt die rasche
Ausbreitung
dieser Form; z. B. 1911 in der Mandschurei und China. Zum Glück tritt
die P. in dieser Gestalt zurzeit weit seltener auf als in der zweiten.
- 2. Die Bubonenpest, Beulen-P. Treten die Erreger durch
die Haut ein, so gelangen sie in eine benachbarte Drüse, die sich
entzündet
und vereitert (primärer Bubo). Von hier aus werden sie auf dem Lymphwege
weiter verschleppt und verursachen sekundäre Bubonen, während sie auf
d em Blutwege bald die verschiedensten Organe überschwemmen. Die
primären
Bubonen sitzen am häufigsten in den Leisten, dann folgen Achseldrüsen,
Halsdrüsen u. a. der Häufigkeit nach. Sie können von selbst, nach
starker
entzündlicher und schmerzhafter Schwellung, aufbrechen oder sich
zurückbilden.
Der Eiter enthält massenhaft P.bazillen. Andere Erscheinungen sind
Benommenheit
und Delirien, Fieber, Herzschwäche. In manchen Fällen entstehen auch
P.pusteln
und Karbunkel auf der Haut. Der Tod kann nach wenigen Stunden oder
einigen
Tagen eintreten. 80-95% aller Fälle sterben je nach äußeren
Verhältnissen.
Die P. ist keine allein dem Menschen eigentümliche Krankheit, sondern
auch eine Seuche der Nagetiere, die als Zwischenträger eine große
epidemilogische
Rolle spielen. Es erkranken daran in erster Linie Ratten - besonders die Hausratte, Mus rattus,
wichtig
- ; in Europa, Afrika, Asien, Australien häufig als pestkrank
beobachtet.
Von anderen Nagetieren spielen als P.Träger eine Rolle die Murmeltiere
der Mongolei,
die sog. Tarabaganen (Arctomys bobac), ferner die kalifornischen
Erdhörnchen
(Citellus beechyi). Alle diese Tiere brauchen nicht stets
Krankheitserscheinungen
zu zeigen, sondern können scheinbar gesund und doch Bazillenträger sein.
Die Übertragungsweise der Beulen - P. ist noch nicht in allen Teilen
aufgeklärt,
doch hat die indische P.kommission seit 1906 sichergestellt, daß die P.
von Ratte zu Ratte durch Flöhe übertragen wird, und zwar besonders durch den
tropischen Rattenfloh Xenopsylla cheopis. Sie hat ferner bewiesen, daß
in den Tropen fast sicher auch die Übertragung von Ratte
zu Mensch durch diesen und andere Flöhe stattfindet. Somit ist eine der
Hauptmaßnahmen gegen die P. die Rattenbekämpfung (s.a. Rattenvernichtung). Die Erkennung der P.
bei Mensch und Tier gelingt nur bakteriologisch geschulten Ärzten durch
bestimmte Methoden. P.kranke sind entsprechend zu isolieren, ev. auch
die Umgebung in Quarantäne zu
setzen.
Die Behandlung der P. betreffend, so sind wir gegen Lungen-P. noch
machtlos,
gegen Bubonen-P. helfen außer chirurgischem Eingriff Herzmittel. Ferner
gibt es Heilsera, die erfolgreich wirken können, wenn sie frühzeitig und
in sehr großen Mengen eingespritzt worden; solche sind im Handel
käuflich (Paris, Bern) und lange haltbar. Aus P.bazillen gewonnene
Impfstoffe
gewähren einen gewissen vorbeugenden Schutz gegen die P.infektion, der
einige Monate anhalten soll, während Heilsera zu vorbeugendem Zwecke
eingespritzt
nur ganz kurze Zeit schützen.
Literatur: Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten.
Martin Mayer. |