Milchwirtschaft hat bisher in den Kolonien bei dem niedrigen
Stande der Viehzucht (s.d.) größere Ausdehnung noch nicht
erlangt. In Deutsch-
Südwestafrika
liegt die M. gänzlich in den Händen der Weißen und wird vor allem auf
solchen Farmen betrieben, die infolge ihrer Lage zu Konsumplätzen oder
zur Bahn eine lohnende Absatzmöglichkeit für Milch und ihre Erzeugnisse,
Butter und Käse, haben. Die Preise für Milch
schwankten
1912 zwischen 40 und 50 pf für das Liter und für frische Butter zwischen
2 und 5 M pro Kilogramm. In besonders guten Regenjahren hat der Preis
auch schon einen Tiefstand erreicht, der die Rentabilität in Frage
stellte.
Auf den entlegeneren Farmen wird die Milch, soweit sie nicht dem Kalbe
verbleibt, im eigenen Haushalt und für die Eingeborenenbeköstigung
verwandt.
Molkereien- befinden sich in der Stadt Swakopmund.
Sie beziehen die Milch teils aus dem Innern, teils haben sie eigene
Milchkühe
in Swakopmund stehen. Das Hauptgebiet für die M. ist die Mitte des
Schutzgebietes.
Von dort wird frische Milch in größerer Menge versandt, vornehmlich aus
den Bezirken Karibib und Omaruru und dem
Distrikt Okahandja. Aus letzterem Bezirk geht täglich nach
Swakopmund eine Sendung von 300 l Milch, die mit Hilfe einer Kühlanlage
am Produktionsorte auf etwa 0° gekühlt und auf dem 24stündigen
Bahntransport
durch geeignete Isolationsmittel gegen die Einwirkung der hohen
Temperaturen
geschützt wird. Der Versand von Butter findet vor allem in den Bezirken
Omaruru und Karibib statt. Der Herstellung von guter Dauerbutter steht
heute noch der Mangel an hinreichenden Kühlanlagen entgegen. Nur in
Tugab
ist eine im Jahre 1913 errichtete Meierei, welche mit den neuesten
Maschinen
und einer guten Kühlanlage ausgestattet ist. Zur Buttergewinnung werden
überall moderne Milchzentrifugen und Butterfässer verwandt. Käse
wird auf den meisten Farmen nur für den eigenen Gebrauch hergestellt.
Nur auf der Farm Otjitambi im Bezirk Outjo wird in größeren Mengen ein Käse zum Verkauf
produziert, der im ganzen Schutzgebiet guten Absatz findet. Auch in Osona, Distrikt Okahandja, besteht eine Käserei, die
Süßmilchkäse liefert. Außerdem bestehen noch mehrere kleine Käsereien
im Bezirk Windhuk und Distrikt Gobabis. In Deutsch-Ostafrika
bildet die Milch bei den viehzuchttreibenden Massai
(s.d.) und Watussi (s.d.) ein wichtiges Nahrungsmittel,
wenngleich
die Milchleistungen der Kühe äußerst geringe sind und die Milch meist
schon mit der Entwöhnung des Kalbes aufhört. Die Milch wird teils in
frischem,
häufiger aber in geronnenem Zustand genossen. Auch erfolgt in primitiver
Weise die Herstellung von Butter, die von den Eingeborenen zum Einsalben
des Körpers und der Kleidung gebraucht wird. Nach Stuhlmann besteht in einigen Gegenden, besonders
in Ugogo die unangenehme Gewohnheit, die
Milchgefäße mit Kuhurin auszuwaschen, da die Leute glauben, daß beim
Unterlassen
dieser Maßregel die Kühe ihre Milch verlieren. Um das Butterfett rein
zu gewinnen, wird die Butter ausgelassen (Samli)
und bildet dann einen Handelsartikel. In beschränktem Maße wird Butter
auch auf europäischen Farmen in den
Nordbezirken,
besonders am Meru hergestellt. Die
Erzeugung
von Milch und ihren Erzeugnissen deckt in allen unseren
Kolonien nicht den Bedarf, so daß eine
noch recht bedeutende Einfuhr von kondensierter Milch, präservierter
Butter
und Käsekonserven stattfindet.
Neumann. |