Kalahari (s. Tafel
73). Vor noch nicht langer Zeit verstand man unter
der K. die unzugänglichen innersten Teile des mittleren südafrikanischen
Beckens. Neuerdings ist der diesem Namen zugrunde liegende Begriff auf
Grund gemeinsamer Merkmale auf ein Gebiet von erheblich größerer Fläche
ausgedehnt worden. Orographisch, geologisch und hydrographisch muß man
heute einen nicht geringen Teil unseres südwestafrikanischen
Schutzgebiets
ebenfalls der K.region zurechnen. Streng genommen müßte das sogar mit
dem Amboland (s.d.) und dem Caprivizipfel (s.d.) geschehen. Gründe
wirtschaftsgeographischer
Natur lassen diese Erweiterung der Abgrenzung
zwar ungeeignet erscheinen, doch muß man sich bewußt bleiben, daß, wenn
wir die Grenzen des K.gebiets weiter nach Osten schieben, wir dies nicht
infolge von Erwägungen physikalischgeographischer Natur tun. -Aber auch
in den engeren Grenzen, die man der K. in westlicher Richtung ziehen
mag,
ist sie die größte Einheitslandschaft des ganzen Schutzgebiets. Ein
gutes
Drittel sowohl des Herero- (s.d.) wie
des Namalandes (s.d.) im weiteren
Sinne nimmt teil an den Landschaftsformen wie an anderen Besonderheiten
des riesigen Beckens. Orographisch ist das ganze Gebiet trotz eines
nicht
unbedeutenden Wechsels der Seehöhe insofern eine Einheitslandschaft, als
es von einer durch keine irgend bemerkenswerte Erhöhung unterbrochenen
Ebene gebildet wird. Aber auch die Zusammensetzung des Bodens, die mit
ihren im Gegensatz zum übrigen Schutzgebiet sehr jungen Kalken und vor
allem mit ihren ungeheuren, von tiefem Sande bedeckten Flächen in
schärfstem
Gegensatz nicht allein zu der Urgesteinszone des Westens und der
zentralen
Erhebungsmassen, sondern auch zu den Schichten im nördlichen Herero- und
in der mittleren Längszone des Namalandes steht, verweist uns auf eine
einheitliche Entstehung dieser ungeheuren Hochflächen seit dem Ende der
regen- und wasserreicheren Perioden eines früheren aber noch nicht allzu
fern liegenden Zeitalters der Erdgeschichte. - Die Zusammengehörigkeit
des Nordens und des Südens in hydrographischer Hinsicht beruht nun
allerdings
nicht in der Richtung der Entwässerungslinien. Sie ziehen im Norden in
östlicher und nordöstlicher Richtung dahin, um sich schließlich mit den
Adern des abflußlosen Beckens von Innersüdafrika zu vereinigen bzw. vor
dieser Vereinigung sich im Sandmeer zu verlieren. Im Süden dagegen
streben
sie in südöstlicher Richtung dem unteren Nossob
(s.d.) zu; mit ihm und mit dem Molapo gehören sie demnach schließlich
zum, System des Oranje (s.d.), so daß sich also auf dem von Gobabis nach Osten ziehenden höchsten Teil der
inneren
Ebenen eine der wichtigsten Wasserscheiden des Schutzgebietes
dahinzieht.
Aber abgesehen von dieser Verschiedenheit ist die Ähnlichkeit der die
Ebene durchziehenden Flußläufe eine so große, daß man in diesem Falle
von einem K.charakter der Wasseradern sprechen kann. - Klimatisch
allerdings
unterliegt das Gebiet der inneren Ebenen im Norden völlig anderen
Einwirkungen
als im Süden. Im Nordosten des Sandfeldes herrschen bereits nahezu
tropische
Verhältnisse, während der Süden in dieser einen Beziehung dem Innern von
Groß- Namaland auf das engste
verwandt ist. Nicht allein die Temperatur, sondern Dauer und Menge der Niederschläge sind jenseits des
Wendekreises
viel ungünstiger als im Gebiet des abflußlosen Innern. Dementsprechend
weist auch die Pflanzenwelt große Verschiedenheiten auf. Besonders in
der Zusammensetzung der das Landschaftsbild bedingenden Formationen
erkennt
man den Einfluß der größeren Trockenheit im Süden, in dessen östlichen
Ebenen die oft von Sanddünen überhöhten Grasflächen viel seltener mit
Dornsträuchern durchsetzt sind als im Norden, in dessen Flächen sowohl
die Holzgewächse häufiger sind, wie dort auch die Grasdecke dichter und
geschlossener erscheint als im Süden des Wendekreises. Keinesfalls
berechtigt
das in dieser Hinsicht maßgebende Pflanzenkleid der K. zu der ehemals
allgemein verbreiteten Charakteristik derselben als einer Wüste. Leider
findet diese falsche und in jeder Hinsicht irreführende Bezeichnung sich
auch noch auf Karten neueren Datums. Wenn man unter einer Wüste
lediglich ein Gebiet versteht, das sich durch die Seltenheit von dicht
unter der Oberfläche des Bodens erschlossenen Wasserstellen
auszeichnet, dann würde allenfalls auf die eine oder die andere
Landschaft
im deutschen Anteil des K.landes eine solche Benennung Anwendung finden
dürfen. Aber doch nicht mit mehr Recht als auf manche Gegenden des
Namalandes.
Versteht man dagegen darunter ein an Gewächsen ungewöhnlich armes
Gebiet,
so paßt sie in keinem Falle auf diese östlichen Regionen. Die Tierwelt
der K. war diejenige des inneren Südafrika. Wenn auch stark verringert,
vermochte sich manche Art in der von verwüstenden Jagden verschont
gebliebenen
Innensteppe eher zu halten als in den von Herero
(s.d.) und Hottentotten (s.d.)
bewohnten Hochländern. Die Bevölkerung
des K.gebiets auf der deutschen Seite schließt sich dagegen völlig an
die maßgebenden Rassen der Hauptlandschaften an. Während der Zeit
ihrer Selbständigkeit drangen sowohl die Werften der Herero wie auch die Siedlungen der
Hottentotten,
namentlich in der Nähe der Wasserläufe, weit in die Sandebenen der K.
vor, und nur die der Grenze benachbarten Striche jenseits vom 19° ö. Br.
und nördlich vom 26° s. Br. wurden vorwiegend von Buschmännern (s.d.)
durchstreift, deren Anpassung an die Natur dieses Gebiets ihnen eher als
den viehbesitzenden Herrenvölkern von Südwestafrika gestattete, hier ein zwar
freieres,
dafür aber auch um so dürftigeres Dasein zu führen.
Literatur: S. Passarge, Die Kalahari.
Berl. 1904. - L. Schultze, Aus Namaland
und Kalahari. Jena 1907. - Ders., Deutsch-
Südwestafrika in H. Meyer, Das deutsche Kolonialreich. Lpz.
1909.
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